1933-1990-2023 - Wahlen sind wirklich kein Spielzeug!
„Die nationalsozialistische Bewegung hat eine geräuschvolle Gegenwart, aber gar keine Zukunft. Sie lebt von der Erregung plötzlich proletarisierter Schichten, die nicht wissen, welchen politischen und ökonomischen Kräften sie ihren Sturz aus bürgerlicher Geborgenheit in ein soziales Pariatum verdanken." Carl von Ossietzki [1889-1938]
Den Blick "knappe" tausend Jahre zurück sparen wir uns - aber schon 1990 wurde von im Herbst '89 noch eher hinter den Gardinen Stehenden die "Allianz für Deutschland - AfD(!)" gewählt [“Helmut, hilf uns!“], die dann genau das gemacht hat, was in ihrem Programm stand, nämlich Kapitalismus - nicht schön, aber immerhin demokratisch abgestimmt. Wer mit eher guten Voraussetzungen leistungswillig und vor allem leistungsfähig war, hatte auch gewisse Chancen - wenn es damit doch nicht so geklappt hat, waren schon in den frühen 90ern "Die Flüchtlinge" schuld, oder wie es äußerst verwirrend hieß: „Die Scheinasylantenbetrüger“, die zwar nicht arbeiten gingen, aber trotzdem irgendwie „Den Deutschen“ die Arbeitsplätze wegnähmen.
Fast 35 Jahre später ergeht nun rückblickend die Erzählung: a) "Die da oben haben uns nur verarscht!" und b) "Wir haben das ja vorher nicht gewusst!". Ja, a) machen "die" immer mal ganz gerne. Für alle reicht der Kuchen im Kapitalismus nämlich nicht - dann lieber den Streit um die Krümel kräftig forcieren. Und von der ganzen Bäckerei wird ja seit 1989 kaum noch gesprochen. Und nein, b) war auch damals schon nachzulesen. Außerhalb der eigenen Echokammern besteht übrigens sogar heute (!) die Möglichkeit, den gesichert rechtsextremen Charakter weiter Teile der AfD zu erkennen...
Als ein weiterer Grund des Wahlergebnisses wird Enttäuschung über "Die in Berlin" angegeben, die "Dem Volk" nicht mehr zuhören. Ob eine Partei, die die Parteien-Demokratie im Allgemeinen und Medien, die nicht ihrer Meinung sind, im Besonderen eher zurückdrängen will, das wirklich viel besser kann..?
Erwähnenswert ist noch die deutlich höher liegende Wahlbeteiligung und damit die Frage nach dem halbvollen oder doch halbleeren Glas: Einerseits haben viel mehr Menschen als prognostiziert in der Kabine NICHT "Blaun" gewählt, andererseits haben sich aber auch viel mehr für die AfD entschieden, obwohl die in weiten Teilen ihres Programms gar nicht ihre Interessen vertritt.
Ärgerlich, dass sich die für eine funktionierende Zivilgesellschaft Engagierten dabei in Zukunft wohl noch mehr anstrengen müssen und wahrscheinlich auf noch mehr Hindernisse treffen werden, während die Hohlbirnen wiedermal irgendwann hinter irgendeiner Gardine irgendwas von einer "Nicht gewussten Verarschung" in Richtung ihrer [noch] aktuellen Polit-Ikonen schwadronieren
werden - um dann vermutlich den nächsten Blödsinn zu verzapfen. Wie wäre es eigentlich hier mal mit schonungsloser Aufarbeitung, die wird ja sonst so gerne und lautstark gefordert [Stichwort Galgen]..? Und gibt es eigentlich schon den passenden Pop-Schlager "1933-1990-2024" [depp-de-de-depp!!1!] ..?
ABER: Bange machen gilt nicht! Umso mehr ist das Anbieten von alternativen Alternativen gefragt, und [ganz wichtig!], noch viel mehr Unterstützung für die stabilen Leute vor Ort! Von uns mal extrem solidarische Grüße nach Sachsen & Thüringen!!! Und: Brandenburg, mach‘s besser!
Eure BAIZ-Crew
[aus dem märz 2022-editorial immernoch gültig...]
junge welt vom 13.Januar 2021